Der Stern über Betlehem

 
 
Der sogenannte „Betlehem-Stern“ war in dem Sinn kein einzelner Stern, sondern eine Konjunktion (zwei eng nebeneinander stehende Planeten, in diesem Fall die zwei größten Jupiter und Saturn, welche von der Erde aus gesehen wie ein Licht leuchten). Überlieferte Aufzeichnungen aus Babylonien beschreiben bereits diese errechnete wichtige Konstellation.
Die Geburt Jesu 7 Jahre vor der Zeitrechnung anzusetzen, die nach diesem Ereignis zählt, bedeutet keine Schwierigkeit, da diese unsere Zeitrechnung erst – zum Zwecke der Osterfestberechnung – von dem Mönch Dionysius Exiguus (gestorben um 550) eingeführt wurde, der offenbar nicht auf historische Präzision im modernen Sinn bedacht war. Es steht z. B. fest, dass König Herodes I. im Jahre 4. v. Chr. gestorben ist.
Eine normale Konjunktion von Jupiter und Saturn ereignet sich etwa alle 20 Jahre. Jene im Jahre 7 v. Chr. fand im Tierkreiszeichen Fische statt und zeichnete sich noch dadurch besonders aus, dass sich die beiden Planeten infolge zeitweiliger Rückläufigkeit dreimal im gleichen Zeichen begegneten. Ist eine dreimalige Konjunktion von Jupiter und Saturn überhaupt nur alle 200 Jahre erwarten, so hat sie im Zeichen Fische in geschichtlicher Zeit außer im Jahre 7 v. Chr. nur noch ein einziges Mal stattgefunden, im Jahre 861 v. Chr. Gegenüber diesem Datum aber ist die Konstellation des Jahres 7 v. Chr. dadurch ausgezeichnet, dass damals der Frühlingspunkt bereits in Sternbild Fische eingetreten war und damit das Fische-Zeitalter begonnen hatte. Diese Situation aber ist im laufenden „Platonischen Jahr“ absolut einmalig. Sicher hängt es auch damit zusammen, wenn der Fisch zum Symbol für Christus wurde, bevor einige Jahrhunderte später das Kreuz an seine Stelle trat.
 
 
Auf Israel verweist auch die Ortsbestimmung der Konjunktion, und zwar aufgrund einer im Altertum verbreiteten astrologischen Geographie. Bei der Zuordnung der Tierkreiszeichen zu bestimmten Ländern oder Regionen der Erde gab es gewisse Schwankungen. M. Manilius (1. Jh., römischer Astrologe, Dichter, Autor der fünf Bücher genannt Astronomicon libri V.) jedenfalls – zur Zeit der Kaiser Augustus und Tiberius – weist dem Zeichen Fische die Länder Parthien, Susiana (Persien), Mesopotamien und das Rote Meer zu. Wenn der Höhepunkt der Begegnung von Jupiter und Saturn, ihr fast gleichzeitiger westlicher Stillstand, bei Fische 15° - also in die Mitte dieses Tierkreiszeichens – stattfand, dann bot sich astrologischer Deutung in der Tat nur Jerusalem, wo König Herodes I. herrschte, als Ort für das Geschehen an, auf das „der Stern“ hinwies.
Fische ist aus alter Zeit ein Jupiter-Zeichen (heute auch Neptun). So ergibt sich für die dreimalige Konjunktion von Jupiter und Saturn im Zeichen der Fische zum Beginn des Fische-Zeitalters folgende symbolische Bedeutung:
Jupiter, Repräsentant der göttlichen Ordnung, der „Gerechte“- wie er bei den Juden hieß -, verbindet sich in einzigartgier Weise mit Saturn, dem Stern Israels und „Sabbat-Stern“ der Juden, dem Beherrscher der Zeit. Bei dieser Begegnung dominiert, auch optisch strahlend Jupiter neben dem blassen Saturn, und sie leitet ein neues Zeitalter ein, das von Jupiter beherrscht ist, in dem aber die Feindschaft zwischen Saturn und Jupiter aufgehoben ist.
  
 
 
 
In der Bibel ist daher oft von einem Stern, den Marduk-Stern Jupiter die Rede, da vor allem sein Weg verfolgt wurde. Im Protoevangelium des Jakobus wird dann auch auf die Begegnung mit Saturn aufmerksam gemacht: „Und siehe da, sie sahen Sterne im Aufgang, und sie zogen vor ihnen her, bis sie zur Grotte kamen.“ So ergab sich die etwas naive Vorstellung, als ob der Stern den „Magois“ (drei Weisen bzw. Heiligen-Drei-Könige, eigentlich Astronomen/Astrologen) wie die Laterne eines Führers vom fernen Morgenland bis nach Jerusalem-Betlehem auf dem Weg vorangeleuchtet hätte. Nach den Worten des Evangeliums beriefen dich die Weisen bei ihrer Ankunft allein darauf, den Aufgang eines Sternes gesehen zu haben, den sie als Zeichen eines außerordentlich verehrungswürdigen Königs der Juden betrachteten. Von einem Voranzeichen des Gestirns ist in diesem Zusammenhang noch keine Rede. Sie brauchten weder nachts zu reisen, um den Stern beständig vor Augen zu haben, noch musste dieser so hell sein, dass man ihn auch bei Tage sah – sie hatten als Wegweiser die Berechnungen. Dass der Stern vor den Weisen herzog, ist erst für das letzte Stück der Reise – von Jerusalem nach Betlehem – berichtet (Mt 2.9), und zwar als etwas, was die Weisen als besondere Freude feststellten. Jupiter stand hell leuchtet ungefähr 50 Grad hoch genau über die Richtung des Weges, dicht daneben Saturn, und befanden sich dabei nahe der Spitze des Zodikallichtkegels (zarte, nicht scharf begrenzte Leuchterscheinung). Damals brachten es nun die Umstände der Jahreszeit mit sich, dass trotz der beständigen Himmelsdrehung der Untergangspunkt der Helligkeitsachse während der ganzen „ersten Nachtwache“, genauer gesagt etwa vom Eintritt völliger Dunkelheit um 18.45 Uhr an bis gegen 22 Uhr Ortszeit, mit unmerklichen Veränderungen an derselben Stelle des Horizonts verblieb. Der Lichtkegel richtet sich allmählich steiler auf und sank tiefer, aber das Licht, das wie ein Scheinwerferstrahl von Jupiter, dem Messias-Stern, gleichsam auszuströmen schien, wies mit merkwürdiger Beständigkeit stets auf denselben Ort… so entstand der Eindruck, als ob der Stern „stehenblieb ober darüber, wo das Kind war.“
 
Astrid*