Das Wesen und geistige Wirklichkeit der vier Elemente

(eine Abhandlung aus dem Buch "Astrologie Christlich" von Gerhard Voss)

 

 
 
„In einem geheimnisvollen Sinne wird die Welt mit Recht als eine Darstellung des Menschen betrachtet; denn wie sie aus vier Elementen gebildet ist, so besteht er aus vier Säfte, in eins vermischt in einem bestimmten Verhältnis (Temperament). Gemeinhin betrachten wie die Elemente Feuer, Luft, Wasser und Erde als „elementare“ Bausteine aus denen die gesamte Welt gebildet ist. Aus einer tieferen Sichtweise begrenzt sich der Begriff „Element“ auch nicht in der späteren Bedeutung wie er in der heutigen Chemie gebraucht wird, sondern ist gleichsam ein Urbild, letztlich also eine geistige Wirklichkeit. Diesen Urbildern entsprechen im Menschen nach mittelalterlicher Lehre auch die körperlichen Aufbaustoffe (Säfte): dem Feuer (ignis) entspricht die Galle (chole), der Luft (aer) das Blut (sanguis), dem Wasser (aqua) der Schleim (phlegma), der Erde (terra) die „Schwarze Galle“ (cholera nigra oder melancholia). Aufgrund unterschiedlicher Mischungsverhältnisse ergeben sich die verschiedenen „Temperamente“, in denen jeweils einer der Grundstoffe besonders dominiert.
Das Verhältnis der Elemente zueinander bestimmt sich im mittelalterlichen Weltbild zudem durch die vier Qualitäten „warm“ (calidus) und „kalt“ (frigidus), „trocken“ (siccus) und „feucht“ (humidus). Aus jedem der beiden Eigenschaftspaare ist eines in jedem Element verwirklicht. Dadurch bilden diese miteinander in der Natur eine Gemeinschaft, die zum Teil durch innere Verwandtschaft, zum Teil durch polare Gegensätzlichkeit bestimmt ist. Zitat Ambrobius: „Die Erde ist trocken und kalt, das Wasser ist kalt und feucht, die Luft ist warm und feucht, das Feuer ist warm und trocken.“ Von hier aus ergibt sich auch eine Beziehung der Elemente zu den Jahreszeiten und den entsprechenden Himmelsrichtungen und Winden: Der feuchten und warmen „Luft“ werden der Frühling und der Osten zugeordnet, dem warmen und trockenen „Feuer“ der Sommer und der Süden, der trockenen, aber kalten „Erde“ der Herbst und der Westen, dem kalten und feuchten „Wasser“ der Winter und der Norden. „So kommen sie“ – heißt es in dem Ambrosius-Zitat über die Elemente weiter – „durch diesen Umlauf gleich einem Reigen miteinander in Übereinstimmung. Daher werden sie griechisch „stoicheia“, lateinisch „elementa“ genannt, weil sie miteinander im Einklang sind.“
H. Schipperges schreibt: „So wurden die Elemente von der frühen Scholastik aufgefasst: als Modifikation des einen Weltstoffes mit allen Möglichkeiten des Überganges, der Mischung, des Stoff-Wechsels. Dieser Stoffwechsel garantiert den Kreislauf und die Konstanz der Materie, den ständigen Austausch der Energien, die Ineinanderverwandlung und reale Koexistenz aller Dinge, damit aber auch jene rhythmische Polarität, welche die Voraussetzung und Schwungkraft des Lebens ausmacht, sowie die großen sympathetischen Entsprechungen, die dem Mikrokosmos die Teilnahme und Mitteilung des Ganzen für das Ganze ermöglichen.“